Zur Haftung des Fixkostenspediteurs wegen Schlechterfüllung speditioneller Nebenpflicht

BGH, Urteil vom 16.02.2012 – I ZR 150/10

1. Wird der Fixkostenspediteur wegen Schlechterfüllung einer von ihm vertraglich übernommenen speditionellen Nebenpflicht im Sinne von § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB (hier: fehlerhafte Verpackung des Transportgutes) auf Schadensersatz in Anspruch genommen, beurteilt sich seine Haftung nach § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB.(Rn.19)

2. Die Beweislastverteilung bei § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB richtet sich nach den auch für § 280 Abs. 1 BGB geltenden Regeln. Der Gläubiger ist daher regelmäßig beweispflichtig für den Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden.(Rn.29)

(Leitsätze des Gerichts)

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 14. Juli 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Von Rechts wegen


Tatbestand

1

Die Klägerin ist Transportversicherer der M. GmbH in N. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus übergegangenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im April 2007 zu festen Kosten mit dem Transport einer Maschine zur Bearbeitung von Aluminiumprofilen von Dubai nach N. . Die Beförderung der Maschine sollte von Dubai nach Bremerhaven per Schiff und anschließend per LKW erfolgen. Die Beklagte war nicht nur mit der bloßen Beförderung, sondern zusätzlich mit der Verpackung der Maschine für den Seetransport beauftragt. Die konkrete Art und Weise der von der Beklagten geschuldeten Verpackung ist zwischen den Parteien streitig. Der Auftragserteilung waren Gespräche und mehrere E-Mail-Schreiben zwischen Mitarbeitern der Versicherungsnehmerin und der Beklagten vorausgegangen.

3

Die Beklagte übernahm die Maschine Anfang Juni 2007 in Dubai zunächst zur Verpackung. Am 15. Juli 2007 kam die auf Deck transportierte Maschine in Bremerhaven an. Die Plane, mit der die Maschine während des Seetransports abgedeckt war, hatte sich gelöst und war zerrissen. Eine Verpackung der Maschine in Folie war bei der Ankunft in Bremerhaven nicht vorhanden. Nach dem Gutachten eines von der Versicherungsnehmerin beauftragten Ingenieurbüros war die Maschine bei der Ankunft in Bremerhaven mit erheblichem Rostansatz behaftet.

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Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte schulde vollen Ersatz für die an der Maschine vorhandenen Korrosionsschäden, da weder die Verpackung noch die Beförderung des Gutes – keine Konservierung der Maschine, keine Folie, unzureichend gesicherte Plane, Beförderung auf statt unter Deck – den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten entsprochen hätten. Als die Beklagte die Maschine übernommen habe, habe sie keine nennenswerten Rostschäden aufgewiesen. Die nach der Ankunft in Bremerhaven festgestellten Korrosionsschäden seien aufgrund der unterlassenen Konservierung, der mangelhaften Verpackung und der vertragswidrigen Beförderung des Gutes an Deck erst während des Seetransports entstanden.

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Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 276.900,99 € (einschließlich 3.900,99 € für die Einholung eines Gutachtens zum Umfang der bei der Ankunft in Bremerhaven an der Maschine vorhandenen Korrosionsschäden) nebst Zinsen in Anspruch genommen.

6

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vor allem geltend gemacht, die vom Gutachter festgestellten Korrosionsschäden seien nicht während ihrer Obhutszeit entstanden. Die Maschine habe bei der Übernahme aufgrund zeitweiliger Lagerung im Freien bereits einen Korrosionsvorschaden aufgewiesen. Nach den mit der Versicherungsnehmerin getroffenen Vereinbarungen habe die von ihr übernommene Verpflichtung zur Verpackung der Maschine nicht deren Entrostung und Konservierung für den Seetransport umfasst. Diese für die Seebeförderung notwendigen Vorbereitungshandlungen hätten allein der Versicherungsnehmerin als Versenderin des Gutes oblegen.

7

Einer ihrer Mitarbeiter habe den Versandleiter L. der Versicherungsnehmerin vor Abschluss des Beförderungsvertrags darauf hingewiesen, dass ein Transport unter Deck wegen der Größe der Maschine nicht möglich sein würde. Die Versicherungsnehmerin habe dennoch – anders als bei der Beförderung nach Dubai – auf eine Verpackung der Maschine in einer Kiste verzichtet. Es sei lediglich eine Verpackung in Folie in Auftrag gegeben worden. Die Versicherungsnehmerin hätte unter diesen Umständen wissen müssen, welches Risiko die in Auftrag gegebene Verpackung darstellte. Sie treffe daher ein überwiegendes Mitverschulden an den während des Seetransports entstandenen Schäden.

8

Das Landgericht hat durch Grundurteil wie folgt entschieden:

Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Korrosionsschadens an der Maschine zur Bearbeitung von Aluminiumprofilen infolge des Transports von Dubai nach N. ist nach Abzug der Kosten für die seetaugliche Entrostung (zu beseitigender Flugrost bei Übernahme durch die Beklagte im Juni 2007) und Konservierung dem Grunde nach zu ¾ gerechtfertigt.

9

Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf Ersatz des Korrosionsschadens an der streitgegenständlichen Maschine infolge des Transports von Dubai nach N. dem Grunde nach in vollem Umfang gerechtfertigt ist.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.


Entscheidungsgründe

11

I. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen fehlerhafter Verpackung der Maschine gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 454 Abs. 2 HGB in Verbindung mit Ziffer 23 und 27 ADSp bejaht. Dazu hat es ausgeführt:

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Bei der von der Beklagten übernommenen Verpflichtung, die Maschine zu verpacken, habe es sich um eine speditionelle Nebenpflicht gemäß § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB gehandelt. Die Haftung der Beklagten richte sich daher – auch wenn sie die Beförderung zu festen Kosten im Sinne von § 459 HGB übernommen habe – ausschließlich nach Speditionsrecht, wobei die in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen zu berücksichtigen seien.

13

Die Beklagte habe die von ihr geschuldete Verpackung nicht fehlerfrei hergestellt. Dies führe zu ihrer Schadensersatzverpflichtung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Der mit der Schadensbegutachtung beauftragte Sachverständige habe festgestellt, dass die Maschine offenbar nicht in Folien eingehüllt und die ursprünglich verwendete Plane zerrissen gewesen sei. Schon daraus habe der Sachverständige geschlossen, dass die Beklagte den ihr erteilten Verpackungsauftrag nicht vollständig erfüllt habe. Darüber hinaus habe der Sachverständige in Übereinstimmung mit dem gerichtlich beauftragten Gutachter dargelegt, dass ein massiver Verpackungsmangel darin gelegen habe, dass eine wirkungsvolle Konservierung, die für einen Seetransport der Maschine an Deck unbedingt hätte vorgenommen werden müssen, nicht vorhanden gewesen sei. Die Beklagte habe neben der Verpackung der Maschine deren Entrostung und Konservierung für den Seetransport geschuldet. Die Beklagte habe die Verletzung ihrer speditionellen Nebenpflichten zu vertreten. Auf eine Haftungsbeschränkung gemäß Ziffer 23.1.3 ADSp könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da ihr ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von Ziffer 27 ADSp anzulasten sei.

14

Die Beklagte könne sich auch nicht mit ihrem Vortrag entlasten, die Maschine sei bereits vor ihrer Übernahme durch Flugrost beschädigt gewesen. Der Sachverständige habe bei seiner Anhörung vor dem Landgericht zwar eingeräumt, dass er nicht sicher sagen könne, wann die in Deutschland festgestellten Schäden an der Maschine entstanden seien. Den Bildern nach zu urteilen habe er jedoch geschätzt, dass die Roststellen eher auf See als in Dubai entstanden seien. Zweifelsfrei dürfte jedenfalls feststehen, dass die Maschine in Dubai nicht schon ähnlich umfangreiche Rostanhaftungen gehabt habe wie bei ihrer Ankunft in Bremerhaven.

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Da die Beklagte die Konservierung der Maschine für den Seetransport geschuldet habe, die eine vorherige Entfernung des Flugrostes erfordert hätte, komme ein Abzug der hierfür anfallenden Kosten nicht in Betracht. Ebensowenig müsse sich die Versicherungsnehmerin ein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens anrechnen lassen. Sie habe vor Abschluss des Vertrags zwar eine Entrostung und Konservierung der Maschine in den Raum gestellt. Diese Option habe jedoch keinen Eingang in den geschlossenen Speditionsvertrag gefunden.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

17

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossene Vertrag über den Rücktransport der streitgegenständlichen Maschine von Dubai nach N. gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB dem deutschen Sachrecht unterliegt, da sowohl die Versicherungsnehmerin als Auftraggeberin als auch die Beklagte ihren Sitz in Deutschland haben. Aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich nicht, dass der Vertrag mit einem anderen Staat als Deutschland engere Verbindungen aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB). Darüber hinaus ergibt sich die Anwendung deutschen Rechts aus Art. 27 Abs. 2 Satz 1 EGBGB, weil die Parteien durchweg auf der Grundlage deutscher Rechtsvorschriften vorgetragen haben (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2010 – I ZR 192/08, TranspR 2011, 161 Rn. 12).

18

2. Eine mögliche Haftung der Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden ergibt sich allerdings nicht – wie vom Berufungsgericht angenommen – aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern beurteilt sich nach § 461 Abs. 2 Satz 1, § 454 Abs. 2 HGB in Verbindung mit Ziffern 22, 23 und 27 ADSp.

19

Der Spediteur haftet gemäß § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB für Schäden, die nicht durch Verlust oder Beschädigung des in seiner Obhut befindlichen Gutes entstanden sind, wenn er eine ihm nach § 454 HGB obliegende Pflicht verletzt. Die Vorschrift gilt also bei einer Schlechterfüllung der Pflichten im Sinne von § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB (Koller, Transportrecht, 7. Aufl., § 454 HGB Rn. 44; MünchKomm.HGB/Bydlinski, 2. Aufl., § 461 Rn. 14). Auf die Übernahme einer Verpackungspflicht nach § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB kommt daher auch bei Vereinbarung „fester Kosten“ nicht Frachtrecht (§ 459 Satz 1 HGB), sondern ausschließlich Speditionsrecht zur Anwendung.

20

a) Die Beklagte hatte aufgrund der mit der Versicherungsnehmerin getroffenen Vereinbarungen unstreitig zwei Leistungen zu erbringen: Zum einen oblag es ihr, die Maschine für den Transport von Dubai nach Deutschland zu verpacken; zum anderen hatte sie für die Versendung der Maschine von Dubai nach Deutschland zu sorgen. Das Berufungsgericht hat die Vereinbarungen der Vertragsparteien dahin ausgelegt, dass es sich bei der Verpflichtung zur Verpackung der Maschine nicht um eine von der Speditionsleistung abtrennbare und selbständig zu behandelnde Vertragspflicht, sondern um eine speditionelle Nebenpflicht im Sinne von § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB gehandelt hat. Die Beklagte sei eine internationale Spedition und kein Verpackungsunternehmen. Sie habe die Verpackung auch nicht selbst durchgeführt, sondern damit ein Verpackungsunternehmen beauftragt. Unter diesen Umständen könne im Streitfall nicht von einer selbständigen Verpflichtung zur Verpackung des Gutes ausgegangen werden.

21

b) Diese Auslegung der Vereinbarungen zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten durch das Berufungsgericht hält den Angriffen der Revision stand.

22

aa) Der Fixkostenspediteur ist grundsätzlich nicht zur Verpackung verpflichtet (vgl. § 459 Satz 1 HGB i.V.m. § 411 Satz 1 HGB). Er kann die Verpackung des Gutes allerdings kraft besonderer Vereinbarung als zusätzliche Speditionsleistung übernehmen (§ 454 Abs. 2 Satz 1 HGB) mit der Folge, dass auf diese ihrer Natur nach werkvertragliche Pflicht die speditionsrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen (BGH, Urteil vom 13. September 2007 – I ZR 207/04, BGHZ 173, 344 Rn. 16; Koller aaO § 459 HGB Rn. 13). Dies gilt unabhängig davon, ob sich der Spediteur zur Verpackung selbst oder nur zum Abschluss von Verträgen mit Dritten über die Vornahme der Verpackung (Ziffer 2.2 ADSp) verpflichtet hat (Koller aaO § 459 HGB Rn. 13). Von einer Vereinbarung im Sinne des § 454 Abs. 2 Satz 1 HGB ist jedoch nur auszugehen, wenn die Verpackungsleistung als beförderungsbezogene, speditionelle Nebenpflicht im Rahmen eines Speditionsvertrags (§ 453 Abs. 1 HGB) und nicht unabhängig davon übernommen wird (vgl. BGHZ 173, 344 Rn. 16; Koller aaO § 454 HGB Rn. 21; vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs zum Transportrechtsreformgesetz, BTDrucks. 13/8445, S. 107).

23

bb) Im Streitfall hat die Beklagte die Verpackung der Maschine nach der rechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts als bloße Nebenpflicht im Rahmen eines Speditionsvertrags und nicht als eine selbständige, unabhängig von der Speditionsleistung bestehende Hauptleistungspflicht übernommen. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei aus den Umständen hergeleitet, unter denen die Vereinbarung über die Verpackung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten getroffen worden ist. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass es sich bei der Beklagten – anders als in dem vom Senat mit Urteil vom 13. September 2007 entschiedenen Fall (BGHZ 173, 344 Rn. 1, 17) – um ein international tätiges Speditionsunternehmen handelt, das grundsätzlich selbst keine Verpackungen des Transportguts vornimmt. Die Beklagte hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch keine Garantie für einen Korrosionsschutz übernommen. Darin unterscheidet sich der Streitfall ebenfalls von dem vom Senat mit Urteil vom 13. September 2007 entschiedenen Sachverhalt (BGHZ 173, 344 Rn. 17). Diese Umstände hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, dass der Verpackung nach dem Willen der Vertragsparteien keine eigenständige Bedeutung im Verhältnis zu dem sich anschließenden Transport zukommen sollte.

24

cc) Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, wenn man mit dem Berufungsgericht davon ausgehe, dass die Korrosionsschäden während des Seetransports entstanden seien, müsste die Haftung der Beklagten im Hinblick auf den dann bekannten Schadensort gemäß § 452a HGB nach den Bestimmungen des Seefrachtrechts beurteilt werden. Auf der Grundlage einer Haftung der Beklagten nach den Vorschriften des Landfrachtrechts habe das Berufungsgericht verkannt, dass insoweit allenfalls § 425 Abs. 1 HGB als Anspruchsgrundlage in Betracht komme, da die Beklagte wegen einer Beschädigung des Transportguts in Anspruch genommen werde. Diese Bestimmung verdränge als lex specialis auch eine etwaige Verletzung von transportnahen Nebenpflichten (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem kann nicht zugestimmt werden.

25

Der Anknüpfungspunkt für die Haftung der Beklagten besteht nicht in einer von ihr während der Seebeförderung verursachten Beschädigung des Gutes, sondern in der von der Klägerin behaupteten mangelhaften Erfüllung der übernommenen Verpackungspflicht. Diese hat mit einer „Beförderung“ im Sinne von § 459 Satz 1 HGB nichts zu tun. Von einer „Beförderung“ kann nur im Hinblick auf frachtrechtliche Pflichten ausgegangen werden (vgl. Koller aaO § 459 HGB Rn. 4 f. und 13; Rinkler in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 459 Rn. 28). Danach ist entgegen der Ansicht der Revision der Anwendungsbereich des § 452a HGB, der ebenfalls an eine „Beförderung“ anknüpft, nicht eröffnet (vgl. BGHZ 173, 344 Rn. 25).

26

3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Maschine nicht schon in Dubai im Zeitpunkt der Übernahme durch die Beklagte ähnlich umfangreiche Korrosionsschäden hatte wie bei ihrer Ankunft in Bremerhaven bzw. N. .

27

a) Das Berufungsgericht hat seine Feststellung auf die Angaben des gerichtlich bestellten Sachverständigen Ma. im Termin vom 20. April 2009 vor dem Landgericht gestützt. Der Sachverständige habe ausgeführt, den ihm vorgelegten Bildern nach zu urteilen gehe er eher davon aus, dass die an der Maschine bei der Ankunft in Bremerhaven vorhanden gewesenen Rostanhaftungen nicht in Dubai, sondern erst während des Seetransports entstanden seien, auch wenn der Sachverständige dies nicht mit Sicherheit habe sagen können.

28

b) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht keine tragfähigen Feststellungen dazu getroffen hat, ob und in welchem Umfang die streitgegenständliche Maschine während der Obhutszeit der Beklagten Rostschäden erlitten hat.

29

aa) Für eine Haftung der Beklagten aus § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB trifft die Klägerin grundsätzlich die Beweislast dafür, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden ein Kausalzusammenhang besteht, da sich die Beweislastverteilung bei § 461 Abs. 2 Satz 1 HGB nach den allgemein für § 280 Abs. 1 BGB geltenden Regeln richtet (Koller aaO § 454 HGB Rn. 44; MünchKomm.HGB/Bydlinski aaO § 461 Rn. 22) und dies der Beweislastverteilung zur Haftung nach § 280 Abs. 1 BGB entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2010 – VI ZR 284/09, BGHZ 188, 29 Rn. 19; Beschluss vom 22. September 2011 – IX ZR 19/09 Rn. 4, juris). Das Beweismaß beurteilt sich nach § 286 ZPO. Ein besonderer Kausalitätsnachweis ist allerdings nicht erforderlich, wenn feststeht, dass der Schaden nur bei Durchführung des Vertrags eingetreten sein kann oder die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich des Schuldners herrührt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 280 Rn. 38). Dies kann im Streitfall jedoch nicht angenommen werden. Das Berufungsgericht hat selbst erkannt, dass der vom Landgericht angehörte Sachverständige keine sichere Aussage dazu treffen konnte, wo die bei Ankunft der Maschine in Bremerhaven festgestellten Korrosionsschäden entstanden sind. Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, der Sachverständige habe aufgrund der ihm vorgelegten Bilder angenommen, dass die Roststellen eher auf See als in Dubai entstanden seien, beruht die Angabe des Sachverständigen auf einer bloßen Vermutung. Ein gesichertes oder zweifelsfreies Beweisergebnis ist damit nicht gewonnen. Die Revision weist mit Recht auch darauf hin, dass eine nach der Übernahme der Maschine durch die Beklagte fehlerhaft hergestellte Verpackung nichts darüber aussagt, in welchem Zustand sich das Gut bei der Übergabe an die Beklagte in Dubai befunden hat.

30

bb) Die Revision rügt auch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht für die Entscheidung wesentliche Ausführungen des Sachverständigen Ma. unberücksichtigt gelassen hat. Nach dessen Darlegungen können allein hohe Temperaturen die Entstehung von Rost nicht verhindern. Entscheidend für die Rostbildung sei vielmehr die Luftfeuchtigkeit. Wenn die relative Luftfeuchtigkeit – so der Sachverständige – 40% überschreite, fange Stahl an zu rosten. Ab 60% sei dies „sehr stark“ ausgeprägt. Aus dem Diagramm in der Anlage K 12 – so ebenfalls der Sachverständige – ergebe sich, dass durchaus kritische Werte der Luftfeuchtigkeit im Zeitraum vor der Übernahme der Maschine durch die Beklagte in Dubai erreicht worden seien. Die Beklagte hat vorgetragen, die Maschine sei seit Beendigung der Messe Anfang November 2006 für die Dauer von mehr als sieben Monaten in Dubai eingelagert gewesen. Sie sei von ihrer Schwestergesellschaft vor Ort darüber informiert worden, dass die Maschine im Freien – lediglich mit einer Plane abgedeckt – eingelagert gewesen sei, was die Versicherungsnehmerin ihr gegenüber auch bestätigt habe. Auf der Grundlage dieses Vorbringens der Beklagten konnten die in Bremerhaven festgestellten Rostanhaftungen in größerem Umfang auch bereits vor der Übergabe der Maschine an die Beklagte entstanden sein.

31

4. Mit Erfolg wendet sich die Revision des Weiteren gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte sei auch zur Entrostung und anschließenden Konservierung der Maschine für den Seetransport verpflichtet gewesen. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seiner Auslegung der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten getroffenen Abreden wesentlichen Prozessstoff unberücksichtigt gelassen hat.

32

a) Das Revisionsgericht kann die Auslegung einer Individualvereinbarung durch den Tatrichter allerdings nur darauf überprüfen, ob gesetzliche oder anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006 – I ZR 34/04, NJWRR 2007, 1530 Rn. 26 – Archivfotos; Urteil vom 21. Januar 2010 – I ZR 176/07, NJWRR 2010, 1410 Rn. 12 – Neues vom Wixxer, mwN). Letzteres ist hier der Fall.

33

b) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Verpackung des Transportguts grundsätzlich nicht dem Spediteur oder dem als Frachtführer zu behandelnden Fixkostenspediteur (§ 459 Satz 1 HGB), sondern dem Versender obliegt (§ 455 Abs. 1 Satz 1, § 411 Satz 1 HGB). Von diesem Grundsatz kann allerdings durch Parteivereinbarung abgewichen werden (OLG München, TranspR 2006, 355, 357; MünchKomm.HGB/Czerwenka aaO § 411 Rn. 5; Reuschle in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO § 411 Rn. 22).

34

Das Berufungsgericht hat seine Annahme, die Beklagte sei nach dem Inhalt des mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrags auch zur Entrostung und Konservierung der Maschine verpflichtet gewesen, darauf gestützt, dass die Beklagte den Rücktransport der Maschine von Dubai nach Deutschland insgesamt unter Einschluss der Verpackung übernommen habe. Ihr Angebot habe hinsichtlich der Konservierung keine Einschränkung enthalten. Danach müsse der hier in Rede stehende Vertrag so verstanden werden, dass die Beklagte die üblicherweise von einem Verpackungsauftrag umfassten Handlungen schuldete. Hierzu habe nach den Ausführungen des Sachverständigen Ma. auch die Konservierung der zu transportierenden Maschine gehört. Soweit ein Mitarbeiter der Versicherungsnehmerin vor Abgabe des Angebots der Beklagten vorgeschlagen habe, dass ein Monteur der Versicherungsnehmerin die Entrostung und Konservierung vornehme, könne dies keine vertragsgestaltende Wirkung haben, da es sich hierbei nach dem eindeutigen Wortlaut lediglich um eine Option gehandelt habe, die von der Beklagten noch habe überprüft werden müssen. Ob zwischen den Transportvertragsparteien eine Einigung darüber erzielt worden sei, dass abweichend vom Üblichen die Versicherungsnehmerin und nicht die Auftragnehmerin des Verpackungsauftrags die Konservierung der Maschine habe ausführen sollen, bleibe letztlich unklar. Die Beklagte habe keine weiteren Tatsachen vorgetragen, aus denen eine solche Vereinbarung geschlossen werden könnte.

35

c) Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht bei seinen Ausführungen wesentlichen Auslegungsstoff unberücksichtigt gelassen hat. Im Angebot der Beklagten vom 19. April 2007 heißt es in Bezug auf die vorzunehmende Verpackung „incl. Packing – with Tarpaulin and shrink-wrap“. Damit wird, wie der Sachverständige Ma. bei seiner Anhörung durch das Landgericht dargelegt hat, lediglich eine Verpackung mittels Plane und Schrumpffolie bezeichnet. Zur Herstellung einer seefesten Verpackung hätte die Maschine – so der Sachverständige Ma. – zunächst entrostet und konserviert, anschließend in eine vakuumierte Verbundfolie eingeschlossen und dann in einer Holzkiste verpackt werden müssen. Im Angebot der Beklagten vom 19. April 2007 ist von einer Entrostung und Konservierung jedoch keine Rede. Die Beklagte hat auch nicht ausdrücklich eine „seefeste“ Verpackung der Maschine angeboten. Nach dem Wortlaut des Angebots umfasste die Verpackung nur das Anbringen einer äußeren Schutzhülle, nicht aber weitere Vorbereitungsmaßnahmen, die das Frachtgut innerhalb der Umhüllung vor Korrosionsschäden hätten schützen können.

36

Der vom Landgericht vernommene Zeuge D. hat zudem bekundet, die Versicherungsnehmerin habe bewusst auf eine seemäßige Verpackung verzichtet. Die Aussage des Zeugen D. hat das Berufungsgericht – was die Revision auch beanstandet – nicht berücksichtigt. Die Annahme des Berufungsgerichts, das Angebot der Beklagten, das keine Angaben zu einer Konservierung der Maschine enthält, sei entsprechend den Darlegungen des Sachverständigen Ma. als die bei Seetransporten übliche oder notwendige Ver-packung aufzufassen, berücksichtigt nicht den Vortrag der Beklagten, wonach die Versicherungsnehmerin sich dafür entschieden hatte, die Maschine für den Rücktransport nach Deutschland nur mit Folie zu umhüllen und mit einer Plane abzudecken.

37

Das Berufungsgericht hat bei seiner Auslegung der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten getroffenen Vereinbarung über die Verpackung allein auf das Interesse der Versicherungsnehmerin an einem ausreichenden Korrosionsschutz abgestellt. Das Interesse der Beklagten, einen solchen Schutz nicht herstellen zu müssen, weil die Versicherungsnehmerin darauf – wie die Beklagte vorgetragen und der Zeuge D. bei seiner Vernehmung durch das Landgericht bestätigt hat – verzichtet hat, ist dagegen bei der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung der in Rede stehenden Vereinbarung nicht berücksichtigt worden. Damit hat das Berufungsgericht den Grundsatz einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung, der zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört (BGH, NJWRR 2010, 1410 Rn. 12 – Neues vom Wixxer), nicht hinreichend beachtet.

38

Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Mitteilung des Versandleiters L. der Versicherungsnehmerin vom 11. April 2007 lediglich als unverbindliche „Option“ eingeordnet hat, begegnen ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In der E-Mail vom 11. April 2007 wurde der Beklagten von der Versicherungsnehmerin unter anderem Folgendes erklärt: „Wir haben ab morgen einen Monteur in der VAE, der dort sicherlich mehrere Tage arbeitet. Unser Monteur entrostet und konserviert die Maschine mit Hilfe von Mitarbeitern der Verpackungsfirma.“ Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass es bei der Auslegung von Individualverträgen auch auf die Umstände im Vorfeld des Vertragsschlusses ankommen kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 256/09, NJW 2010, 2648 Rn. 17). Die Mitteilung des Versandleiters L. der Versicherungsnehmerin konnte aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten als Empfängerin gerade nicht nur als bloße Absichtserklärung, sondern als feste Zusage der Versicherungsnehmerin verstanden werden, sie werde die Entrostung und Konservierung der Maschine selbst vornehmen. Die Erklärung enthält keinen Vorbehalt, aus dem sich ergeben könnte, dass die Zusage nicht endgültig und ernsthaft gemeint war. Der handschriftliche Vermerk auf dem E-Mail-Ausdruck vom 11. April 2007 kann sich auch lediglich darauf beziehen, dass die von der Versicherungsnehmerin ursprünglich gewollte Verstauung der Maschine unter Deck ebensowenig möglich war wie die Anbringung einer Vakuumverpackung. Auf der Grundlage des Inhalts dieser E-Mail ist auch verständlich, dass die Beklagte die von ihr zu erbringenden Leistungen in ihrem Angebot vom 19. April 2007 nur mit „incl. Packing – with Tarpaulin and shrink-wrap“ bezeichnet hat.

39

5. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbegrenzungen gemäß Ziffer 23 ADSp berufen, weil diese nach Ziffer 27.1 Fall 3 ADSp nicht gelten, wenn der Schaden – wie im Streitfall – durch Verletzung vertragswesentlicher Pflichten herbeigeführt worden sei, kann danach ebenfalls keinen Bestand haben. Entgegen der Ansicht der Revision wird Ziffer 27.1 ADSp im Streitfall allerdings nicht durch Ziffer 27.2 ADSp verdrängt, weil die Beklagte nicht wegen Verletzung ihrer Pflichten als Verfrachterin (§ 459 Satz 1 HGB), sondern wegen Schlechterfüllung einer von ihr übernommenen speditionellen Nebenpflicht (§ 454 Abs. 2 Satz 1 HGB) auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird (vgl. Koller aaO Ziffer 27 ADSp Rn. 13). Die Voraussetzungen der Ziffer 27.1 Fall 3 ADSp hat das Berufungsgericht aber nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat die von ihm angenommene Verletzung vertragswesentlicher Pflichten auch darauf gestützt, dass die Beklagte aufgrund vertraglicher Vereinbarung zur Konservierung der Maschine für den Seetransport verpflichtet war. Dieser Feststellung ist jedoch durch die erfolgreichen Angriffe der Revision die Grundlage entzogen worden.

40

6. Gleiches gilt für die Verneinung eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin. Ein fehlendes Mitverschulden hat das Berufungsgericht insbesondere darauf gestützt, dass die Beklagte die Konservierung der Maschine für den Seentransport vertraglich übernommen hat. Dieser Feststellung ist jedoch – wie unter Rn. 31 bis 38 dargelegt – ebenfalls die Grundlage entzogen.

41

III. Da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

42

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht weitere Feststellungen zum Umfang der während des Seetransports entstandenen Korrosionsschäden zu treffen haben. Darüber hinaus müssen insbesondere die Frage der Verletzung vertragswesentlicher Pflichten seitens der Beklagten und ein eventuelles Mitverschulden der Versicherungsnehmerin neu bewertet werden. Dabei wird zu Lasten der Beklagten vor allem zu berücksichtigen sein, dass sie es entgegen der von ihr vertraglich geschuldeten Pflicht unterlassen hat, die Maschine für den Seetransport in Folien zu verpacken, und dass sie die Seebeförderung durchgeführt hat, ohne die Versicherungsnehmerin zuvor von der fehlenden Entrostung und Konservierung des Transportgutes in Kenntnis zu setzen.

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